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Gemeinsam aus einer Kalebasse German Edition eBook Godula Kosack Pontius Gudrun

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Seit 1985 fahre ich regelmäßig zu den Mafa im nördlichen Mandara-Gebirge, die noch den Erd- und Ahnenkult ausüben, die terrassierten Felder mit Hacken bearbeiten, die ihre Kinder auf Steinen gebären. In diesem Tagebuch schildere ich meine Erlebnisse als Ethnologin mit Familie im Felde in den Jahren 1985 bis 1995. Dreimal bin ich mit Mann und drei Kindern durch die Wüste in das Mafa-Land in Nordkamerun gereist, wo wir uns zunächst in Zelten lebend später in einem Haus aus Lehmmauern und mit einem Wellblechdach in einem Dorf etablierten. Ich musste einen Haushalt unter Buschbedingungen führen. Trinkwasser wurde einmal wöchentlich aus der 25 km oder anderthalb Autostunden entfernten Kreisstadt geholt. Elektrisches Licht gibt es bis heute nicht im Dorf. Ich sammelte Märchen und befragte die Frauen nach ihren Lebensgeschichten und Befindlichkeiten. Allmählich lernte ich meine eurozentrischen Wertungen aufzugeben und die Welt der Mafa aus ihrer Sicht begreifen.
Nach meinem ersten längeren Aufenthalt wurde ich von einer Frau adoptiert. Später brachten mir die Frauen ein frühgeborenes Kind zur Adoption, dessen Mutter bei der Geburt gestorben war. Ich musste, mit lediglich zwei Nuckelflaschen und einem Zweiflammengaskocher ausgerüstet, ein Baby versorgen, das in Europa einige Wochen in einem Brutkasten gelegen hätte. Als noch schwieriger erwies sich der Kampf gegen die Bürokratie. Allen Beteiligten war klar, dass das Kind nur überleben würde, wenn ich es mit nach Deutschland nehmen dürfte.
Meine Kinder, die zu Beginn drei, fünf und sieben Jahre alt waren, lernten, dass die europäische Lebensweise und Wertvorstellungen nicht repräsentativ für die ganze Welt sind. Indem ich sie dazu anhielt, Tagebuch zu schreiben, wurde auch der Blick der Kinder auf die fremde Kultur festgehalten. Ich habe die Kinderaufzeichnungen zwischen meine eigenen gestreut.
Es heißt, dass die Buschbedingungen Ehen von Europäern schweißen oder zerreißen. Meine Ehe hat dieser Bewährungsprobe nicht standgehalten. Das Leben in der streng patriarchalen Mafa-Welt hat die Kluft zwischen dem, was sich mein Ehemann von einer Frau wünschte und dem, was ich als „emanzipierte“ Frau akzeptieren konnte, mit der Zeit immer unüberbrückbarer gemacht. Als ich im Jahre 1993 den bestürzten Frauen von dem Kummer meiner Trennung berichtete, trocknete meine „Mutter“ meine Tränen mit ihrem verstaubten Rocksaum.
Die von den meisten Ethnologen geforderte Distanz des Beobachters zu den Erforschten galt für mich nicht. Ich habe mich emotional mit der Dorfbevölkerung eingelassen. Dadurch erhielt ich Informationen, die anderen Wissenschaftlern nicht zugänglich ist. Das betrifft nicht nur das Eheleben, sondern vor allem auch die Einschätzung der Zauberei, die in Afrika eine bedeutende Rolle in den zwischenmenschlichen Beziehungen spielt. Das brachte mich dazu, meine eigene Einstellung zu diesem Phänomen auch im Hinblick auf die Hexenverfolgung in Europa in der frühen Neuzeit zu revidieren.
„Gemeinsam aus einer Kalebasse“ zu trinken ist ein intimer Akt. Dabei berühren sich die Münder fast wie bei einem Kuss. Bei den Mafa ist dies eine Geste der Freundschaft. Ich habe mit zahlreichen Frauen und auch mit einigen Männern gemeinsam aus einer Kalebasse getrunken, und auch meine Kinder haben diesen „Freundschaftskuss“ genossen. Dieses Buch ist also die Geschichte meiner und meiner Kinder Freundschaft zu den BewohnerInnen eines Dorfes in Nordkamerun.